Sonntag, 15. Juni 2014

"VERLASST MICH NICHT!"



Stille. Die Blicke sind auf mich gerichtet. Und alle warten sie darauf, dass ich etwas sage. Ich beginne zu schwitzen. Mir ist schlecht. Ich habe einen dicken Klos im Hals und will einfach nur rennen. Raus aus diesem Saal, an die frische Luft. Lampenfieber.
Aber so leicht geht das nicht. Ich kann nicht immer vor dem weg rennen, was mir nicht gefällt. Ich kann nicht immer flüchten, wenn mir etwas gerade nicht passt. So war ich bisher vielleicht immer. Ich wollte es ihnen recht machen. Und somit bin ich lieber gegangen, wenn sie angefangen haben mich auszulachen, mich zu beschimpfen. Ich habe mich ihnen gefügt, wenn sie mir den Rücken zugedreht haben. Ich bin ihnen nachgelaufen. "Verlasst mich nicht!" habe ich gerufen. Geschrien. Und dann habe ich das hinter mir gelassen, weswegen sie angefangen haben zu lachen.
Heute nicht.
Heute bleibe ich stehen. Ich halte den Leuten, die gehen wollen, noch die Tür auf. Ich will sie hier nicht sehen. Ich will sie nicht vor mir stehen haben. Geht. Lauft. Rennt. Ihr werdet schon sehen wo ihr ankommt. Und ich bleibe hier. Hier wo ich stehe. Irgendwann gehe ich auch. In 500 Tagen um genau zu sein. Dann drehe ich mich um und sie alle könenn meinen Rücken betrachten. Sie werden sehen wie stolz ich weggehen werde. Mit High-Heels, Bikinibody und meiner Krone. Mit meiner Zukunft an meiner Hand. Und was das Wichtigste ist - mit einem Lachen auf den Lippen. Meinem Lachen. Meinem richtigen Lachen. Nicht das, was ich ihnen jahrelang vorgespielt hab. Nein. Das Echte. Und sie werden mir hinterherschauen und sich fragen, was passiert ist. Die Antwort ist einfach. Ich bin stehengeblieben, als sie gegangen sind. Ich habe mich nicht aufgegeben, als sie es getan haben. Ich habe nicht darauf gehört, als sie gesagt haben, ich solle gehen. Ich habe ausnahmensweise mal auf mich gehört.
Und das ist der Punkt.
Du allein stehst da. Kein anderer. Nur du. Sie alle können sich irgendwann gegen dich stellen. Egal, wie nett sie immer waren. Egal, ob ihr Freunde wart oder nicht. Mit einem Satz kann es das gewesen sein und sie drehen sich um. Und du sollst ihnen folgen. Geh. Wenn du es für richtig hältst, dann geh. Aber wenn du dich nicht gut dabei fühlst, dann bleib stehen. Egoismus ist nicht gut, ich weiß das. Wer will schon freiwillig als Egoist dastehen? Aber es ist wichtig, dass man irgendwo, ganz tief in sich drin, ein kleines bisschen, nur ein klitzekleines bisschen, egoistisch ist. Du musst es ihnen nicht recht machen. Nicht heute. Es wird genug andere geben, die dich unterstützen werden. Und wenn es die Leute nicht tun, die dich zwingen zu gehen, dann sind es nicht die richtigen. Dann sind es keine Freunde. So ist das in dieser Welt. Freunde sind selten. Aber wertvoll. Wenn sie kommen und gehen, so wie es ihnen passt - dann sind es keine Freunde. So sehe ich das. Ich will euch eigentlich nur sagen, dass ihr stehenbleiben sollt. Ich bin zu oft gegangen. Ich bin ihnen zu oft gefolgt. Damit sie glücklich sind und ich nich die Dumme bin. Aber jetzt bin ich stehen geblieben. Und ich stehe immer noch. Und wisst ihr was interessant ist? Sie sind trotzdem gegangen und sind jetzt doch wieder stehen geblieben und ich habe sie gedanklich schon lange überholt.
Du bist die wichtigste Person für dich selbst. Denk' nicht zuerst an sie. Sondern an dich. Setz dich hin, trink Tee, lies dein Lieblingsbuch, wenn sie dich wieder nerven. Schalt dein Handy aus, wenn sie dich zuspamen. Mach eine Pause. Und dann bleib stehen. Die, die dich lieben, werden auch stehen bleiben. Und dann legt euch hin. Verweilt. Und genießt den Sonnenuntergang.



Genießt das Leben, Anka.

1 Kommentar:

  1. Meine Kleine wird erwachsen. Ich möchte Dir versichern, dass Du in meinen Armen immer einen sicheren Hafen findest. Bin sehr stolz deine Mama zu sein.ILD Ma

    AntwortenLöschen